07.10.2025 - 09:59 Uhr
| Gesellschaft
von Patricia Mueller
Am 16. September 2025 verwandelte sich das Adorno-Gymnasium in Frankfurt in eine Bühne für Mut, Empathie und Verantwortungsbewusstsein. 27 Schüler:innen der Klasse 8c nahmen am „Alltagshelden-Workshop für Zivilcourage“ teil – einem Projekttag, der junge Menschen befähigt, in schwierigen Alltagssituationen nicht wegzuschauen, sondern aktiv zu helfen.
Ein Projekttag mit Wirkung
Der Workshop wurde vom Verein Tuğçe Albayrak e. V. entwickelt und durch eine Mischförderung der Miriam Kaldenbach Stiftung und des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten (AMKA) finanziert. Die Initiative dazu kam von Lehrerin Sevim Savaş, die den Antrag über den Förderverein stellte. „In wenigen Stunden haben die Jugendlichen erprobt, wie sie Konflikte deeskalieren und füreinander einstehen können – viele haben den Tag sichtbar gestärkt verlassen“, berichtet Savaş.
Ein berührender Auftakt
Den emotionalen Einstieg bildete die persönliche Erzählung von Doğuş Albayrak, Bruder der 2014 in Offenbach durch ihre Zivilcourage bekannt gewordenen Tuğçe Albayrak. Seine Geschichte machte eindrücklich deutlich, dass jede Entscheidung zählt:
„Jeder Mensch ist die Summe seiner Entscheidungen – und jede Entscheidung kann dazu beitragen, die Welt besser oder schlechter zu machen.“
Gemeinsam mit den Theaterpädagogen Tobias Varennes und Can Kuşcu erarbeiteten die Jugendlichen anschließend Szenen, die im Forumtheater nach Augusto Boal lebendig wurden. Dabei konnten sie eigene Ideen einbringen, ausprobieren und reflektieren – ein ermutigendes Erlebnis, das Empathie und Selbstwirksamkeit stärkte.
Lernen mit Kopf, Herz und Hand
Der Workshop vereint verschiedene pädagogische Ansätze:
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Forumtheater nach Augusto Boal: Handlungsalternativen in realen Konfliktszenen erproben.
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Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg: Sprache als Werkzeug der Empathie.
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Spielerisches Lernen nach Friedrich Fröbel: Kreativität als Mutmacher.
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Gehirngerechtes Lernen nach Vera F. Birkenbihl: Nachhaltig verstehen, statt nur zuhören.
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Verzahnung mit Programmen wie „Hinschauen und Helfen“: Klare Strategien für sicheres Eingreifen.
Zivilcourage als Fundament demokratischer Werte
Zivilcourage, Empathie und Solidarität sind laut dem Verein Grundpfeiler einer gesunden Demokratie. Wer früh lernt hinzusehen und Verantwortung zu übernehmen, hilft mit, dass Geschichten von Gewalt und Wegschauen sich nicht wiederholen.
Langfristiges Engagement und wissenschaftliche Basis
Der Tuğçe Albayrak e. V. begleitet Schulen auch nach dem Projekttag weiter – mit Nachgesprächen und Kooperationen. In den letzten zwei Jahren wurden über 100 Workshops an 170 Schulen durchgeführt und rund 3.800 Schüler:innen erreicht.
Studien zeigen, dass theaterpädagogische Ansätze besonders wirksam sind: Sie fördern Teamgeist, Empathie und Konfliktlösungskompetenz – wichtige Bausteine gegen Gewalt und für demokratisches Miteinander.
Frankfurt als Zentrum der Zivilcourage
Mit seinem Verwaltungssitz im Frankfurter Nordend-West baut der Verein derzeit das Zentrum für Zivilcourage auf – einen Lern- und Begegnungsort, an dem Workshops, Gedenkveranstaltungen und kulturelle Formate zusammenkommen sollen.
Das Ziel: Zivilcourage fest in der Frankfurter Bildungs- und Erinnerungskultur verankern.