Ergebnisse der Frankfurter Kinderumfrage

13.11.2017 | 14:12 Uhr

Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber hat am Freitag, 10. November, die Frankfurter Kinderumfrage 2016 zur Partizipation von Kindergartenkindern vorgestellt. „Kinder wollen sich einmischen. In der Familie, an ihrem Wohnort, in der Schule, in der Kita. Und Kinder haben das Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung. Dieses Recht gehört zur Basis unserer Demokratie, auch für Kinder“, sagte die Stadträtin.

Mitbestimmung im Kidnergarten?
Von September 2016 bis Februar 2017 befragte das Frankfurter Kinderbüro in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt in 68 Frankfurter Kindertageseinrichtungen 546 vier- und fünfjährige Kinder. Wie schätzen Kinder ihre Mitbestimmung im Kindergarten ein? Wovon wird ihre Mitbestimmung beeinflusst? Die Studie beschäftigt sich mit Erfahrungen, Sichtweisen und gelebter Beteiligungspraxis aus Kindersicht.

Vergleichbare Befragungen liegen für Deutschland bislang kaum vor. Damit betritt die vorliegende Studie an vielen Stellen Neuland und ist bundesweit in Umfang und Befragungstiefe einmalig.

„Kindertageseinrichtungen haben bei der Demokratiebildung von Kindern eine bedeutende Aufgabe. Denn für die meisten Kinder ist die Kita die erste Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungssituation außerhalb der Familie. Kitas arbeiten mit Kindern unterschiedlichen Alters. Beteiligung ist aber keine Frage des Alters. Dies garantiert der Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention, in Deutschland ein Bundesgesetz. Jedes Kind hat das Recht, seine Interessen zu äußern und mit diesen berücksichtigt zu werden. Kindern muss immer sorgfältig zugehört werden. Dazu möchte ich alle Erwachsenen ermutigen!“, sagt Weber.
 
Im Fokus: Mitbestimmung im Kindergarten
Häufig scheint es Erwachsenen schwer zu fallen, kindliche Aussagen unbenommen ernst zu nehmen: Sind Kinder, vor allem Kindergartenkinder, nicht zu klein, um zuverlässige Aussagen zu machen? Die vorliegende Studie zeigt deutlich, dass sie verlässliche und seriöse Angaben zum Thema Mitbestimmung im Kindergarten geben. Die Kinder beantworteten Fragen zum Grad ihrer körperlichen Selbstbestimmung, zu ihren Mitbestimmungschancen im Kindergartenalltag, zum Umgang mit Beschwerden und zu ihrem allgemeinen Wohlbefinden im Kindergarten.

Die zentralen Ergebnisse der Erhebung sind vielgestaltig. Bei Fragen nach ihren Mitbestimmungschancen äußern die befragten Kinder, vergleichsweise selten mitbestimmen zu dürfen, welche Regeln gelten, wohin der Ausflug geht und wie die Räume und Flure aussehen. Dies ist jeweils nur bei etwa einem Drittel der Kinder der Fall.

Als wesentlich größer erweisen sich demgegenüber die von den Kindern wahrgenommenen Mitbestimmungsmöglichkeiten bei alltäglichen spielbezogenen Aktivitäten. So erleben mehr als 85 Prozent der befragten Kinder, dass sie alternative Möglichkeiten haben, wenn sie bei einer Aktivität nicht mitmachen wollen. 75 Prozent der Kinder geben an, dass sie darüber mitbestimmen können was gespielt und 72 Prozent, welches Buch ihnen vorgelesen wird. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass selbst in diesen vergleichsweise einfachen Bereichen des Kindergartenalltags zwischen 15 und 20 Prozent der befragten Kinder keine Mitbestimmungsmöglichkeiten erleben.

Bei der Essensauswahl können 31 Prozent der Kinder mitbestimmen. Die Entscheidung über die Essensmenge auf dem Teller selbst treffen zu können bejahen 75 Prozent der Kinder. Ob der Teller leer gegessen werden muss, bejahen aber ebenfalls 61 Prozent. Die Frage, ob sie sich im Kindergarten schon einmal über etwas beschwert haben, bejaht mit 48 Prozent knapp die Hälfte aller Kinder.

Insgesamt legen die Befunde der hier vorgelegten Studie eine bemerkenswerte Differenz zwischen den Beteiligungsdimensionen Mitbestimmung, körperliche Selbstbestimmung und Beschwerde nahe: Jüngere Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder aus niedriger sozialer Lage sowie Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil nicht berufstätig ist, berichten über ein höheres Maß an körperlicher Selbstbestimmung und Mitbestimmung, während Kinder mit einer höheren sozialen Lage und berufstätigen Eltern häufiger über Beschwerdeerfahrung verfügen. Doch den größten Einfluss auf alle drei untersuchten Beteiligungsbereiche hat das Verhalten der Erzieherinnen und Erzieher.

Mehr neue Fragen als Antworten

„Für mich ist das wichtigste Ergebnis der Frankfurter Kinderumfrage 2016, dass wir mehr Fragen als Antworten haben. In die Erlebniswelt von vier- und fünfjährigen Kindern einzutauchen heißt, bekannte Erklärungsmuster zu hinterfragen, neue Fragen zu stellen und in einen fachlichen Austausch zu kommen“, sagte Weber. „Die Voraussetzung dafür, anderen Menschen gegenüber Achtung, Respekt und Wertschätzung zu zeigen, ist, dies alles selbst erfahren zu haben. Kinder brauchen Erwachsene, die sie ernst nehmen, ihnen zuhören, mit ihnen im Gespräch bleiben, offen sind und Demokratie vorleben. Deshalb freut es mich immer wieder, in meinem Arbeitsfeld so viele

Menschen zu treffen, die sich dem Thema Beteiligung stellen und sich aktiv an der Umsetzung von Kinderrechten beteiligen! Um auch in Zukunft demokratiefähig zu sein, braucht es die Bereitschaft von uns Erwachsenen, Kindern sorgfältig und ernsthaft zuzuhören“, sagte die Stadträtin.

Die komplette Studie ist unter folgender Anschrift erhältlich: Frankfurter Kinderbüro, Schleiermacherstraße 7, 60316 Frankfurt, 069/212-39001.

(Quelle: Stadt Frankfurt)

Spielendes Kind mit Seifenblasen, © Stadt Frankfurt am Main
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